corona

Psychologie der Belebung – nach dem Lockdown

Die aktuelle Hauptfrage: Wie kann der Aufschwung nach dem Lockdown und seinen Verwerfungen gelingen? Welche Psychologie benötigt man dafür. Das Geld ist bereitgestellt, aber die Pferde trinken kaum. Die Bevölkerung gibt ihr Geld angesichts der Unsicherheit nur vorsichtig aus – obwohl der Staat mit dem Corona-Paket ziemlich in die Kaufkraft-Lücke für das Sozialprodukt gesprungen ist. Das sind die Themen dieses Blogs:

Ganz oft muss ich erklären

Gesundheit vor oder nach Datenschutz

Psychologie zur Belebung – Aufbau Optimismus

Großgruppenaktion zur Bevölkerung – Vertrauen und Konsum

Unternehmens-Workshops für kriselnde Branchen

Exkurs:  Gute Tests – Statistik-Know-how

Ganz oft muss ich erklären

Corona und kein Ende – wie gut, dass ich kein TV sehe und damit auch keine Talk-Shows. Gesprächspartner erzählen mir davon. In Maßen lese ich Zeitung und schaue im Internet nach neuen Nachrichten, auch in Facebook und Twitter. Dabei treffe ich natürlich auch auf die Meinungen der „Corona-Leugner“ wie es wohl heißt. Manche Fragen und Sorgen kann ich akzeptieren, andere nicht. Dabei ist die aktuelle Hauptfrage wie zuvor beschrieben. Und ich muss dagegen oft zunächst erklären:

  • Wir haben in Deutschland ca. 200.000 bestätigte Infektionen (plus Dunkelziffer, weil nicht genug getestet wurde).
  • Dabei sind ca. 9.000 Tote zu verzeichnen (was oft angezweifelt wird, aber m.E. immerhin belastbarer ist als die Zahl zu 1), die auch das 3-5-fache betrage könnte.
  • Es gab immer Grippewellen (Influenza), die höchste vor einigen Jahren mit ca. 25.000 Toten (nur Schätzung des RKI, bestätigte Fälle nur 1.300). Es wurden bei diesen Grippewellen aufgrund Immunität der Bevölkerung und Impfungen maximal 20 % = 16 Mio. Menschen mehr oder weniger krank.
  • Die bisherigen Corona-Infektionen betreffen auch bei maximaler Dunkelziffer höchstens  wahrscheinlich nur 1 Million.
  • Wenn das Virus ungebremst sich verbreiten würde, wären heute mindestens in den 5 Monaten 40 Mio. (Hälfte der Bevölkerung) betroffen gewesen, das 40-fache des (maximalen) derzeitigen Status (auch wenn an einigen Hotspots die Quote höher sein wird).. Also wohl mindestens 40 x 9.000 = 360.000 Toten – oder gar mehr, dann wahrscheinlich sogar durch Überlastung der Krankenhäuser mit einer höheren Sterberate als derzeit, wo die Krankenhäuser wohl nur noch in der Größenordnung 10 % auf den Intensivstationen mit COVID zu tun haben – in manchen Regionen auch gar nicht.

Dies wurde mit Lockdown und Social Distancing erreicht – und unserem ausgezeichneten Gesundheitssystem (trotz aller Pannen und mangelnden Ausrüstung zu Beginn der Krise). Bis auf den geringen Prozentsatz der Corona-Leugner und „Widerständler“ bzw. Querdenker wurde das durch die Disziplin der Bevölkerung und ihr Vertrauen in die staatlichen Organe erreicht. Danke dafür liebe Mitbürger!

  • Deutschland nimmt (mit Österreich) damit einen Spitzenplatz ein, worüber wir uns freuen sollten, statt über die Beschränkungen zu Jammern. Nach meinen Zahlen waren wir in den letzten Wochen langsam mit der Lockerung durch die Politik. Aber die Politik ist halt vorsichtig. Noch ist ja niemand immun in der bisher nicht infizierten Bevölkerung von 83-2 Mio. – ohne Impfstoff kann das Virus jederzeit überall wieder aufflackern. Und auch bei den 240.000 offiziell Infizierten plus der Dunkelziffer von 800.000 ist unklar, ob diese lange immun bleiben werden und auch wenn sie selbst kaum Symptome haben, aber doch andere unmerklich anstecken können.
  • Die aktuellen Rückkehrer aus dem Urlaub haben dort oft Masken und Distancing vergessen – und schon steigt die Anzahl der Infektionen wieder in Deutschland und auch anderen europäischen Ländern – und damit die Befürchtung der sog. 2. Welle.
  • Jetzt steht die Belebung der Wirtschaft an und die Bewältigung der Folgekosten. Dafür benötigen wir neben Milliarden Konjunkturprogrammen vor allem – Psychologie. Und unter Nutzung der Corona-Warn-App eine schnelle Verfolgung von Infektionsketten.

Gesundheit vor oder nach Datenschutz

Die ZEIT betitelte so das Problem vor einigen Wochen. Wir können uns wirtschaftlich eigentlich keinen 2. Lockdown bei nach der Urlaubszeit wieder ansteigenden Infektionen leisten. Die freiwillige Warn-App ist so datengeschützt verwässert, dass sie bei nur ca. 18 Mio. Nutzern kaum ihre Funktion erfüllen kann.

Dann könnte eigentlich nur helfen, es wie in Südkorea zu machen: Bei jeder festgestellten Infektion Anfrage der nah gekommenen Kontakte bei der Telekom und nach 1 Stunde bekommt das relevante Gesundheitsamt diese Liste für die letzten 14 Tage. Dann beginnt die Detektivarbeit der Nachverfolgung der Infektionsketten. Leider haben da unsere Gesundheitsämter weniger Befugnisse als in Südkorea. Dort steht halt der Wert Gesundheit höher als der Datenschutz.

Ich würde also bei den Werten sagen:

  1. Gesundheit
  2. Materielle Situation der Bürger, also Sozialprodukt. Und auch in der Wirtschaft steigt der Wert „Nachhaltigkeit“.
  3. Datenschutz

Doch ich habe mich belehren lassen: In Deutschland steht nun mal der Datenschutz über der Gesundheit – anders wie in Südkorea mit langjähriger Diktatur. Außerdem sind unsere Gesundheitsämter partout weder material (Computer) noch mental (Detektive und Exekutive) auf die Nachverfolgung ausgerichtet.

Also haben wir nur Maskenpflicht und Social Distancing, solange es weder Heilmittel noch Impfung gibt. Unser Gesundheitswesen hat zwar Fortschritte in der Behandlung gemacht und die Mortalität gesenkt. Aber noch nicht auf nahe Null.

Psychologie zur Belebung – Aufbau Optimismus

Der Verbraucher (und auch Unternehmer) ist vorsichtig in seinen Ausgaben. Und hat in den Monaten der geschlossenen Geschäfte auch sein Konsumverhalten reflektiert. Jetzt bleiben für manche Branchen die Umsätze bei gestiegenen Kosten unterhalb der Rentabilität.

Mehr Reflexion des Konsumverhaltens ist ja gar nicht schlecht, sogar ganz gut – aber so rapide und anhaltend macht es den Neustart der Wirtschaft schwierig. Im langsamen Trend ist es von der Wirtschaft eher zu bewältigen. Und das wird auch kommen. Ein Interview der SZ  (1.8.20) mit Kaat Debo bezüglich der möglichen Vision der Mode- und Textilbranche zeigt auf „Wir sollten unser Konzept von Wachstum überdenken, nicht nur in der Mode“. Der Wert „Nachhaltigkeit“ wächst im praktischen Alltag der Wirtschaft. Auch dort, wo die Kleiderschränke voll sind.

Auch wird bei der  Würdigung der gebeutelten Branchen z.B. Touristik, Messen  und Veranstaltungen, Künstler sowie Mode und Gastronomie vergessen, dass es auch „Gewinner“ mit steigenden Umsätzen gibt: Elektronik für Internet, Paketzusteller, Online-Shops, Baumärkte, Fahrräder und anderes mehr.

Optimismus beim Konsumenten

Keine Debatten um das Konjunkturpaket mehr – klar viele wollen noch mehr Geld bekommen– für sich natürlich. „Die Richtung stimmt“ heißt es im Leitartikel der SZ am 2.8. über das Konjunkturpaket.

Doch für mehr Optimismus – über die Börseneuphorie hinaus – wird gefordert  Mit TV: Aufhebung vieler Beschränkungen, freiwillige Masken, nur Daten zur Rückverfolgbarkeit erheben – gekoppelt an lokale Neuinfektionsinzidenz und R-Wert. Und gekoppelt an Anzahl der runtergeladenen Warn-App – oder gleich Aufhebung des Datenschutzes für die Rückverfolgung von 14 Tagen.

Eine breite Informationskampagne der Regierung(en) müsste dafür die Grundlage legen. Vor 90 Jahren nach der Weltwirtschaftskrise schickte Roosevelt 7.000 Redner los, heute wird das anders gehen. Mit TV und der nachstehenden Großgruppenaktion.

Eine Kooperation mit allen möglichen Institutionen und Initiativen ist erforderlich.

Aber auch die Entscheider in der Wirtschaft benötigen Optimismus. Also die Klarheit, welchen Weg die Regierung geht, um einen 2. Lockdown zu vermeiden. Mit den Fragen, Ideen  und Vorschlägen, die ich hier vorbringe.

Großgruppenaktion für breite Bevölkerung für Vertrauen  und Konsum

Dazu könnte auch die  Aktivierung meiner alten Idee von 1 Mio. Teilnehmer Präsenzaktion 4 Stunden vielleicht 10.000 solcher Workshops mit 100 Teiilnehmern auf Abstand – parallel dazu das noch in Online. Und durchaus echte Zukunftskonferenzen. Wenn sich 60.000 Menschen fanden, die 30 Euro für einen Platz im Olympia-Stadion gebucht haben (der am 12.6.2020 dann nicht stattfinden konnte) – dann müsste das alles doch möglich sein. Es gibt diese Aktivisten und wenn es nur 1 % der Erwachsenen sind bedeutet das: 600.000.

Was passiert in einer solchen Großgruppenaktion. Der Ablauf wurde schon in einem früheren Blogartikel erklärt. Nun sind die inhaltlichen Schlagworte

Und eben das Ganze mit Einbezug Online, also als hybride Veranstaltung. Wo man ebenfalls mit Kleingruppen arbeiten kann, deren Gedanken und Ideen dann in mehreren Vertiefungsrunden zusammengeführt werden. Das sind dann keine Geisterspiele wie im Fußball, sondern echte Diskussionen und Austausch Auge und  Auge. Wenn Menschen sich öffnen sollen und dürfen, neue Ideen in sich hineinlassen und auch hervorbringen – dann geht das nicht über Vorträge.

Unternehmens-Workshops für kriselnden Branchen

Neue kostenlose zertifizierte Bafa-Kurse für diese Themen – Überprüfung des bisherigen Geschäftsmodells. Und praktisch ein Angebot in Kombination online-offline für 1 Million Geschäftsleute. Kurse offen im Internet, zumindest als Teaser mit begleitender Werbung.

Aufbau ähnlich dieses Schaubilds:

Ich jedenfalls bin dabei, nach Erscheinen meines Online-Ziele-Selbstlernkurses mit Hochdruck an einem Unternehmerkurs zu arbeiten. Wir brauchen alle Arten von Ideen und Initiativen.

Bildungsgutscheine für Existenzgründer und Berufsneuorientierung gehören ebenfalls dazu.

Lockerung und schnelle Identifikation der Infektionsketten

Eben die stärkeren Lockerungen von strengen Hygienekonzepten, aber Daten zur Rückverfolgbarkeit für 2 Wochen zusätzlich zur App (die ja nicht 100 % genutzt wird, eben nur freiwillig). Natürlich Test von Urlaubsrückkehrern aus Risikogebieten, das ist doch logisch.

Überhaupt die  App – so easy zum runterladen (wenn das Smartphone da technisch mitmacht). So viele kompetente Menschen haben da mitgemacht, sogar der Quellcode wurde offengelegt. Der Datenschutz hat entscheidend mitgewirkt, ohne den es in D nicht geht. Aber leider wurde dadurch für die Effizienz das Ganze ziemlich verwässert.

Bessere Ausbildung, ‚‘Ausstattung und mehr Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern zur Rückverfolgung – bis Impfstoff verfügbar.

Sensibilisierung der Bevölkerung dafür  dass wachsam und vorsichtig, auch wenn nur ein paar hundert Personen die 82 Mio. bisher nicht Betroffene anstecken können.

Bei der erwarteten  2. Welle wird es sich um lokale Ausbrüche handeln. Die Aufgabe: Dann schnell handeln und die Infektionsketten rückverfolgen. Das ist der Sinn der App und der Sinn der Zeitnotizen in Restaurants, Friseuren, Fitness-Studios etc.

Der Virologe Droste hat darauf hingewiesen, dass man bei R<1  (9 von 10 infizierten Menschen stecken nur jeweils eine weitere Person an) eigentlich heute das Wissen um Superspreader Ausbrüche nutzen kann. Die Gesundheitsämter brauchen gar nicht für jeden einzelne Neuinfektion die ganze Kette zu identifizieren, sondern nur bei solchen, die diesem „Profil“ unterliegen:  er spricht von möglichen Clustermitgliedern – und auch, dass für diese dann eine Quarantänezeit von nur 5 Tagen reichen würde. In Japan arbeite man erfolgreich mit solchen öffentlich einsehbaren Übertragungsclustern, die die Epidemie antreiben würden.

Es gibt also durchaus Ideen die strikte Maskenpflicht zu lockern und trotzdem die Infektionen auf dem erreichten niedrigen Level niedrig zu halten. Wir sind doch alle Menschen und auch ich störe mich an den Masken und der verursachten Unbequemlichkeiten in einigen Berufen über Stunden hinweg. Natürlich sehe ich die Notwendigkeit ein, wenn man sich nicht dazu durchringen kann, den Datenschutz der Gesundheit unterzuordnen und auch mehr Mut zu Experimenten zu haben. Allerdings kann ich das gut schreiben – ich trage nicht die Verantwortung der relevanten Politiker, die zunehmend dem Drang nach menschlicher  Bequemlichkeit unter dem Mantel von Grundrechten und  Verhältnismäßigkeit ausgesetzt sind.

Exkurs: Gute Tests – Statistik-Know-how

Bei der Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der Regeln wird oft auf die Zuverlässigkeit der Corona-Test verwiesen. Zufällig war ich während und nach meinem Studium der BWL Repetitor für Statistik (was mir auch im Psychologiestudium zugutekam, wo es auch viele Tests gibt, wenn auch eher durch Fragestellungen). Es handelt sich bei Testauswertungen um sog. Bedingte Wahrscheinlichkeiten, eine hohe Beanspruchung statistischen Wissens!

Dem Internet kann man entnehmen, dass die Tests Elecsys Anti-Sars-CoV-2 von anfänglichen 95 % von 100 % verbessert wurden. Früher wurden von 100 Infizierten also 95 erkannt, 5 blieben unerkannt. Heute gibt es keinen Unerkannten mehr (nur mit dem Problem, dass in den ersten Tagen der Infektion keine ansteckenden Viren produziert werden, erst plötzlich am 3. Oder 4. Tage und noch bevor man überhaupt die geringsten Krankheitssymptome selbst merkt ist man schon ansteckend. Daher die Idee der 5-Tages-Quarantäne. Mit 100 % Sensivität, also Erkennungsrate scheint es keine Probleme zu geben.

Aber es gibt beim Test auch Gesunde, ein Vielfaches sogar. Man nennt diese die Spezifität deines Tests. Diese besagt beim obigen Test, dass nicht nur 95 %, sogar mehr als 99 % als richtig-positiv erkannt werden. Genau genommen sind es 99,8 %. Ein sehr guter Test. Bei Tausend Gesunden Personen werden also 20 fälschlich als Infiziert erkannt bzw. befundet.  Das klingt auch nicht viel.

Aber jetzt kommt es. In der gesamten Bevölkerung gab es bislang mit Dunkelziffer nur insgesamt  1 Mio von 82 Mio. Einwohnern Infiziert.   Im Moment laufen vielleicht nur 10.000 Infizierte frei herum. Wenn man diese alle gleichzeitig testen würde, wäre die echte Krankheitsquote 10.000 / 82.000.000, das ist kaum mehr als ein 10.000-stel. Nun testet man nicht alle , nur Gefährdete oder Rückkehrer als Krisengebieten.

Nehmen wir mal an die mögliche Infektionsrate ist real nur 1 %, hoch gegriffen (bei den Tests, deren Zahlen veröffentlicht werden sind es weit weniger). Pro Tag werden 10.000 Menschen in Deutschland getestet (sind in Wirklichkeit mehr, aber es geht um die Relationen). Dann befinden sich bei diesen 10.000 Getesteten 1 % (a priori Wahrscheinlichkeit) und somit 100 Infizierte. Die werden zu 100 % erkannt. Aber jetzt kommt es. Von den übrigen 9.900 Gesunden werden aber 0,2 % = 19,8 Personen ebenfalls infiziert befundet. Das sind 20 Personen. Insgesamt hat der Test 120 Personen mit positiv also krank ergeben. Von diesen 120 sind aber nur 100 wirklich krank, 20 aber nicht. 20 % der Getesteten machen sich also unnötig sorgen (so ähnlich ist es mit dem Brustkrebstest bei Frauen mit der Mammografie).

Ist der Anteil der wirklich Kranken sogar nur 0,5 %, also noch kleiner, bekommen wir 50 Kranke und wieder 20 mit der falschen positiven Diagnose. Der Falschanteil steigt dann auf 20/70 = fast 30 %.  Wir haben also einen tollen Test, aber der so geringe Anteil der Krankheit jeweils in der Bevölkerung ergibt doch eine hohe Unsicherheit – bei den Getesteten. Nun, nach einigen Tagen werden die es genauer wissen. Abhilfe: nochmal testen – dann ist die apriori Wahrscheinlichkeit nicht mehr 1 % sondern 70 % bzw. 80 % und die Fehlerwahrscheinichkeit für einen positiv auf das Virus getesteten sinkt gegen 0.

Corona – Konkretes Licht am Ende des Tunnels?

Welche gewaltigen Anstrengungen hat ganz Deutschland, Gesundheitssystem, Politik, Wirtschaft und alle Einwohner unternommen, um die Situation innerhalb eines Meeres von Corona-Viren zu stabilisieren?! Fragezeichen und Ausrufezeichen.

Lohnen sich die Anstrengungen wirklich. Ist die Politik der sozialen Isolation erfolgreich? Ist sie auch verhältnismäßig? Kritik kommt zunehmend stärker nach 2 Wochen Ausgangssperre. Erste Klagen wegen Verletzung von Grundrechten trudeln ein bei den Gerichten. Verschwörungstheorien vermehren sich schneller als der Virus selbst.

In all dem Zahlenmeer, was uns täglich aus Zeitungen und Bildschirmen und Schlagzeilen entgegenblickt, werden Einzelerlebnisse hochgejubelt und die Zahl der Infizierten trotz möglicher riesiger Dunkelziffer in ihrer Steigerung hervorgehoben. Je mehr Testkits zur Verfügung stehen, umso mehr steigt diese.

Dabei gibt es eine Zahl, eine einzige Zahl, die belastbar ist, wie es im Fachvokabular heißt. Die echten Todesfälle, und nicht die kumulierte Gesamtzahl, sondern die tägliche Zahl. Sie geht nun 3 Tage in Folge zurück. 3 Tage, die ich mit dieser Meldung abgewartet habe. Ist das das Licht am Ende des Tunnels? Ein Schwalbe macht schon oder doch einen Sommer?

Bis 2.4.20 ging es in den Zahlen aufwärts, dann endlich abwärts mit den traurigen Werten. Nach 2 Wochen sehr eingeschränkten Sozialkontakten. Am 3.4. habe ich noch in Tränen aufgelöst bei Ansicht meiner Prognose mit exponentiellem Wachstum im April (Faktor 20 der Todesfälle, täglicher Steigerung von nur 10 %, statt 20 % zuletzt im März) in meinem Home-Office gesessen. Dann die Erlösung am nächsten Tag, die diese Meldung ermöglicht.

Bedeutung

3 Tage in Folge sinkende Anzahl der neuen Sterbefälle. Jedes Mal ein Schicksal. Die Gesamtzahl kann sich nicht verringern – aber die Zahl der täglich neu Hinzukommenden. Darauf müssen wir schauen, wenn die Anzahl der wirkliche Neuinfektionen nicht bekannt ist, weil es ja überwiegend milde Krankheitsverläufe gibt und nicht alle Menschen im Land ständig getestet werden können.

Durch Social Distancing soll die Zahl der Ansteckung gestoppt werden und die Kurve sich abflachen, damit das Gesundheitssystem mit dem Engpass „Anzahl der Intensivbetten und Beatmungsgeräte“ nicht zusammenbricht. Und genau Letzteres zeichnet sich nun am dritten Tag in Folge ab. Es heißt vom RKI, dass 14 % der Menschen starke Symptome aufweisen, 6 % schwer und lebensbedrohlich, 1,2 % sterben. Das heißt im groben Durchschnitt neben einem Sterbenden liegen 5 andere Schwerkranke, die gerettet werden können. Und diese liegen sicher dort mindestens eine Woche und belegen jeweils ein Bett. Dann erst steht diese Kapazität wieder zur Verfügung.

Perspektiven

Wir können nicht nachlassen in unserer Aufmerksamkeit, uns vor dem Virus zu schützen. Wir sehen was wirkt und können das variieren. Schule mit mehr Abstand zwischen den Schülern, Geschäfte die wieder öffnen können – mit Abstand und Schlange stehen. Restaurants mit mehr Platz zwischen den Tischen. Das ist wohl alles wieder möglich und die Verantwortlichen in der Politik haben Handlungsspielraum.

Und das ganze Volk, alle Einwohner zusammen in ihrer Selbstdisziplin zeigen, dass es funktioniert und unser Leben wieder möglich wird. Sozialkontakte werden wieder möglich – wenn auch mit Abstand.

Ein überwältigendes Gefühl.

Die Wirtschaft kann wieder – wenn auch langsam – anlaufen, mit Abstand in der Produktion, mit Fortführung im Home-Office und mit weniger Angst. Hoffnung tut immer gut – und macht auch kreativ für Lösungen.

Corona wird uns aber noch viele Monate, sogar Jahre begleiten. Seine Ausbreitung ist verlangsamt, aber es wird sich nicht stoppen lassen, in jede Lücke und jeden Spalt kriechen, bis es wie bei der normalen Grippe durch Immune und Geimpfte oder Genesene  gestoppt wird. Dann erst können wir zum Alltag zurückkehren.

Ein Alltag, in dem sich vieles verändert hat

  1. Die Systemrelevanten und doch bisher unterbezahlten Berufe haben an Wertschätzung gewonnen, was auch deren Verdiensten gut tun wird.
  2. Gesundheitssystem und Vorsorge für Pandemien (Schutzkleidung etc.) müssen ausgebaut werden. Bill Gates hat das schon 2015 gepredigt. Dies und Punkt 1 wird Geld kosten und zu höheren Beiträgen führen. Gut investiertes Geld, wissen wir jetzt. Verdientes Geld für die Pfleger, Schwestern und auch die Ärzte im Krankenhaus.
  3. Wir alle haben gelernt, unsere sozialen Kontakte mehr wertzuschätzen.
  4. Das Vertrauen in den Staat, seine Regierung und die Demokratie wurde gestärkt – sonst wäre diese Disziplin und Akzeptanz in der Bevölkerung nicht erreicht worden.
  5. Wir alle zusammen haben eine bedrohliche Situation gemeistert, gemeinsam gemeistert. Gemeinsam Durchlittenes führt immer zu mehr Zusammenhalt! Wir müssen auch gemeinsam weitermachen, doch wenn wir Sinn und Erfolg sehen, fällt das leichter.

Wir schaffen das – wer hat das gesagt?

Und Hoffnung, Licht am Ende des Tunnels tut gut und gibt uns Kraft für die weitere Anstrengung und das erforderliche Durchhalten wohl noch viele Monate.

Und nicht vergessen. Wenn wir uns im Rahmen unserer Gesundheitskapazität weiter so halten können, können wir unseren schwer getroffenen Nachbarländern helfen. Wenn wir unser Wirtschaft schon früher als diese hochfahren, können wir diesen auch finanziell helfen. Ist Solidarität und Vertrauen nicht etwas Tolles? In schweren Zeit erkennen wir immer, wer unsere Freunde sind.

Und was ist die Perspektive der Weltrettung dabei?

Wir Menschen lernen in großem Stil wohl nur durch Leid. Da sind wir jetzt drin, aber immer noch besser gesund zu Hause zu sitzen als wochenlang mit Fieber und Husten im Bett. Wir spüren Solidarität, Vertrauen. Wir erkennen, was uns wichtig ist im Leben – und auch was nicht.

Damit machen wir zugleich Fortschritte bei unseren menschlichen Schwachstellen, also Faktor Mensch als Ursache der Weltprobleme.